Kirsch Import aus Stuhr bei Bremen ist einer der Importeure für Irish Whiskey in Deutschland. Irish Whiskey Blog sprach mit dem Inhaber Christoph Kirsch über aktuelle Themen rund um den irischen Whiskey.
Kirsch Import: Der Blick auf den irischen Whiskey-Markt
Irish Whiskey Blog: Die irische Whiskey-Welt ist ein paar Jahren ziemlich in Bewegung. Von drei Destillerien ist der Anbietermarkt binnen weniger als einem Jahrzehnt auf über dreißig gewachsen. Einige der neuen Anbieter habt ihr exklusiv im Programm. Wie bewertet ihr die ersten Releases der neuen Anbieter Dingle, West Cork, Teeling, Pearse Lyons, The Shed und Waterford? Wo seht ihr die Entwicklung dieser Destillerien hingehen?
Christoph Kirsch: Nicht alle der von dir genannten Brennereien werden auch exklusiv von uns vertrieben, daher kann ich nicht für alle sprechen. Der Irish Whiskey Markt ist zu großen Teilen immer noch geprägt von Abfüllungen, bei denen nicht auf den ersten Blick erkennbar ist, aus welcher Brennerei der Whiskey stammt. Sowohl West Cork als auch Teeling bspw. vertreiben unter ihrem Label Whiskey, der zum Teil selbst gebrannt, zum Teil jedoch zugekauft wurde. Die Releases daher zu bewerten und zu unterscheiden ist gar nicht so einfach, erst recht nicht für den Konsumenten. Grundsätzlich kann man jedoch sagen, dass Brennereien wie West Cork, Dingle, Teeling und Waterford derart professionell aufgestellt sind und einfach hervorragenden Whiskey produzieren, dass ich die langfristige Entwicklung der Marken als sehr positiv betrachten würde.
IWB: Ihr vertretet die Waterford Distillery in Deutschland. Die unweigerliche Frage: wie steht ihr zum Konzept des Terroir bzw. TEIREoir, wie Waterford selbst es nennt?
CK: Die einfache Antwort ist: Man muss es probieren, um es zu glauben! Ganz im Ernst, ich war von dem Konzept überhaupt nicht überzeugt, bis man einmal die verschiedenen New Makes im Glas hatte. Das ist schon großes Kino. Davon abgesehen ist der Terroir-Gedanke für mich nicht das einzige bei Waterford – auch ansonsten sind die Ansprüche an die Produktion sowie die dahinterstehende Transparenz einzigartig in der Industrie.
Exklusive Kirsch-Abfüllung mit der Waterford Distillery in 2021
IWB: Aus weiteren Destillerien werden in den nächsten 12 Monaten die ersten eigenen Releases erwartet. Habt ihr da wen besonders im Auge? Welche Projekte findet ihr spannend? Oder habt ihr euch bereits weitere Deutschland-Vertriebsrechte gesichert?
CK: Wir sind mit unserem Portfolio soweit sehr zufrieden und glauben mit Waterford, West Cork und Dingle bereits ein sehr gutes Angebot für unsere Kunden zu haben. Darüber hinaus gibt es sehr viele spannende Projekte – am meisten freue ich mich auf die Whiskeys der Slane Castle Destillerie (mittlerweile Brown Forman), welche ich vor ein paar Jahren besucht habe und mich von der einzigartigen Kulisse begeistern ließ.
IWB: Seid ihr an Fassprogrammen beteiligt und wird es in Zukunft exklusive Kirsch-Abfüllungen mit Irish Whiskey geben?
CK: Hier wird es in Zukunft viel zu entdecken geben! Im nächsten Jahr sollte es in jedem Fall etwas Exklusives für deutsche Waterford-Fans geben und auch mit unseren anderen Partnern sind wir im Austausch.
IWB: In den zurückliegenden Jahren haben sich die neuen Destillerien vor allem versucht, durch die Abfüllung von Fremd-Whiskey bereits am Markt zu platzieren. Dazu gibt es, insbesondere in Deutschland, sehr geteilte Meinungen. Dabei geht es in der Diskussion oft um Beliebigkeit, aber auch um mangelnde Transparenz. Wie seht ihr den derzeitigen Markt dieser Dritt-Whiskeys?
CK: Wie bereits eingangs erwähnt, halte ich die mangelnde Transparenz langfristig für ein großes Problem. Es spricht überhaupt nichts dagegen, unabhängig abzufüllen, nur wenn es unter dem Deckmantel der eigenen Brennerei passiert, finde ich es problematisch. Kurzfristig und bei der aktuellen Verbreitung von irischen Whiskeys stellt dies noch kein allzu großes Problem dar, mittel- und langfristig jedoch befürchte ich könnten Konsumenten das Vertrauen in die Kategorie verlieren, wenn sie das ein oder andere Mal auf eine Marketing-Story hereingefallen sind.
Reiseempfehlung: “Wer schon einmal da ist, sollte in jedem Fall Teeling besuchen.”
IWB: Die Destillerien bieten mittlerweile auch großteils Führungen und Besucherzentren an. Welche habt ihr bereits gesehen und könnt den Lesern für die nächste Irland-Reise empfehlen?
CK: Eine Rundreise durch Irland startet meist in Dublin und wer schon einmal da ist, sollte in jedem Fall Teeling besuchen. Die Brennerei hat sich großartig in das Stadtbild eingefügt und ist ein schöner Einstieg. Ein Muss für mich ist West Cork mit dem neuem Besucherzentrum, eine absolut unterschätzte Brennerei, umgeben von unglaublicher Natur und am südlichsten Punkt Irlands an der Atlantikküste gelegen. Im Südwesten Irlands gelegen findet man mit Dingle eine der schönsten Brennereien – von Dublin aus ist es ein ganz schönes Stück, aber es gibt nebst Whiskey einen guten Grund, warum die Region bei Touristen so beliebt ist.
IWB: Wie seht ihr den irischen Massenmarkt? Profitieren die etablierten Anbieter aus Bushmills, Midleton und Riverstown von der bisherigen Entwicklung? Wo geht da der Zug hin?
CK: Ich würde so weit gehen zu behaupten, dass bisher die kleinen Akteure massiv von den Erfolgen der großen Player profitieren. Jameson konnte laut aktuellen Marktzahlen auch in 2020 wieder überdurchschnittlich wachsen und zeichnet für den Großteil des Wachstums verantwortlich. Auf der Welle gibt es eine Vielzahl von neuen Marken und Brennereien, welche um die langfristige Etablierung kämpfen. Genau wie beim Scotch wird es immer einen Markt für Massen-Whiskeys geben, welche von der Preis-Leistung her gerade im irischen Bereich oftmals auch tolle Qualitäten liefern.
Irish Whiskey Bonding vs. Unabhängige Abfüller
IWB: Wie seht ihr das traditionelle Irish Whiskey Bonding? Wird sich das in Zukunft wieder stärker entwickeln?
CK: Ich bin sicher kein Experte auf dem Gebiet, finde diese Herangehensweise jedoch sehr interessant. Dass es sich über eine spitze Zielgruppe an echten Whiskey-Nerds hinaus entwickelt, halte ich zwar für unwahrscheinlich, dennoch gibt es ja beispielsweise in Schottland eine Vielzahl an sehr erfolgreichen unabhängigen Abfüllern, welche überwiegend mit Einzelfassqualitäten überzeugen. Vielleicht entwickelt sich in Irland ja eine Industrie an Bonding-Companies, welche das Modell entsprechend abwandeln und den Markt mit ihren Abfüllungen sicher bereichern würden.
IWB: Irish Whiskey hat traditionell eine starke Ausrichtung auf den nordamerikanischen Markt. Erste Szenarien zeigen bereits, dass der Absatz von Irish Whiskey den von Scotch dort in gar nicht langer Zeit übersteigen wird. Dagegen ist Deutschland weitestgehend eine Scotch-Nation. Was muss die irische Whiskey-Industrie tun, um hierzulande stärker Fuß zu fassen als nur mit Jameson den Massenmarkt zu bedienen? Seht ihr euch als Vertrieb da eventuell auch berufen, aktiv zu werben?
CK: Als kleines Rädchen in diesem Markt halte ich unsere Kraft, den gesamten deutschen Markt zu bewegen, für sehr begrenzt. Dennoch denke ich, dass irischer Whiskey großes Potenzial hat. Gerade mit Blick auf den anstehenden Brexit vermute ich wird ein Teil des deutschen Tourismus von Großbritannien nach Irland wandern. Aus dem Urlaub werden Deutsche ihren Lieblings-Irish-Whiskey mit nach Hause nehmen und ihren Freunden davon erzählen. Unsere Aufgabe besteht dann darin, dass die Reiserückkehrer in Deutschland in der Lage sind, ihren Whiskey einfach in einem Fachgeschäft für Spirituosen nachkaufen zu können.