Waterford Whisky: Herkunft ist alles?

Waterford Whisky
Foto: Neil Saad

Der noch immer junge Irish Whiskey-Markt ist so manchen aufkommenden Sturm gewöhnt. Als die Dingle Distillery 2017 ihre Single Pot Still Batch 1 und Single Malt Batch 1 heraus brachte, gab es unter den whiskeyliebenden Iren kein Halten. Deshalb ist das Dingle Single Malt Batch 1 und insbesondere dessen Cask Strength-Edition ein heißbegehrtes Sammlerstück. Nun verursachten jüngst die ersten Releases des Waterford Whisky eine vergleichbare Eruption. Dabei ist der Hype um die Waterford Distillery kein Zufall. Dahinter steckt vielmehr ein über Jahre fein ausgearbeiteter Plan. Wiederum hinter diesem Plan steht mit Mark Reynier eine wahre Größe der internationalen Whiskey-Szene. Und viel Cash.

Gründer von Waterford Whisky: Mark Reynier

Mark Reynier, gebürtiger Engländer aus London, stammt aus der Weinindustrie. Hierbei begann bereits sein Großvater, französische Weine zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach London zu importieren. Nach dem zweiten Weltkrieg stieg die Familie verstärkt in den Weingroßhandel ein. Reynier selbst eröffnete ein Wein- und Spirituosengeschäft. Dabei brachte er auch seine erste Abfüllungsreihe von Single Malt Whiskys heraus. Im Jahr 2000 erstand Reynier, ausgestattet mit viel Venture Capital, die stillgelegte Bruichladdich Distillery auf der schottischen Insel Islay. Dort entwickelte er eine Whisky-Range, die unter Scotch-Fans bis heute einen ähnlichen Hype auslöste, wie es Waterford Whiskey nun andeutet. Auf dieser Welle schwimmend machte Reynier in 2012 kräftig Kasse als er Bruichladdich für ein Vielfaches des Einkaufspreises veräußerte.

Jedoch war seine Schaffenspause kurz und von der Insel Islay setzte Mark Reynier Segel auf die Grüne Insel. Er landete in Waterford im sonnigen Süden von Irland. Dort gründete er 2014, erneut ausgestattet mit ausreichend Venture Capital, die Waterford Distillery. Im Jahr 2015 entstand die fertige Brennerei. 2016 durchlief der erste Whiskey die Brennapparaturen.

Waterford Whiskey

Das County Waterford im Süden von Irland bietet Besuchern einen Mix aus traumhaften Stränden, von Klippen gesäumten Buchten und wunderschönen Gebirgen. Dabei ist die Copper Coast, namentlich zurückgehend auf ein reiches Bergbauerbe, ein beliebtes Urlaubsziel für Irland-Reisende. Nur für Whiskey stand das südliche County in der Vergangenheit nie. Weder Brian Townsend (The Lost Distilleries of Ireland, 1997) noch Alfred Barnard (Whisky Distilleries of the United Kingdom, 1887) erwähnen eine bedeutende Brennerei innerhalb der Grafschaft. Somit war die Gründung der Waterford Distillery ein historischer Akt für die Stadt und ihre Region.

Die Stadt Waterford liegt am Fluss Suir, der unweit in die Bannow Bay und die Keltische See mündet. Ihre Gründung geht auf die Wikinger zurück, die sich im 10. Jahrhundert an dem breiten Fluss eine Basis für ihre Raubzüge bauten. Später im Mittelalter wuchs Waterford zu einem wichtigen Handelszentrum heran. Dementsprechend beeindruckend ist auch heute noch der Hafen der Stadt. Am westlichen Ende des Kais, nahe dem Innenstadtkern, befindet sich heute die Waterford Distillery.

Standortvorteil Waterford

An selber Stelle unterhielt Diageo zuvor eine Nebenanlage zur Hauptbrauerei in Dublin. Hier entstand das weltberühmte Guinness. Der Südosten von Irland, insbesondere die Grafschaften Waterford und Wexford, gelten als Kornkammer der irischen Insel. Das geschütze, etwas wärmere Klima bietet gute Voraussetzungen für den Getreideanbau. Nichtzuletzt deswegen baute Diageo 2004 seine Brauerei in das Zentrum dieser für Brauer und Destiller rohstoffreichen Region. Mark Reynier greift diesen Standortvorteil nun auf und baute die Brauerei zur Destillerie um.

Neben dem Umstand, dabei für Irish Whiskey geographisches Neuland zu betreten, löst sich Waterford Whisky auch sonst von traditionellen, irischen Werten. Reynier setzt voll und ganz auf Single Malt Whisky. Kein traditioneller, irischer Pure Pot Still, keine Blends. Die Abgrenzung geht sogar soweit, dass seine Whiskeys ohne das typische E in der Schreibweise auskommen müssen. Diese irischen Alleinstellungsmerkmale gelten für Reynier nichts. Denn in Waterford bedeutet Herkunft alles.

Transparenz: Terroir und Single Farm Origins

Kritiker werfen dem schwer überschaubaren irischen Whiskey-Markt häufig mangelnde Transparenz vor. Vor allem die neuen Destillerien, deren eigenes Destillat noch zur Reife ruht, geraten häufiger in Erklärungsnot. Hierbei fühlen sich Verbraucher zu oft im Unklaren darüber, wer den angebotenen Whiskey tatsächlich destillierte. Bei Waterford Whisky ist dies anders. Mark Reynier, der einst ein eigenes Weingut besaß, hat den für den französischen Weinbau prägenden Terroir-Gedanken verinnerlicht. Dabei geht das Prinzip des Terroir davon aus, dass individuellen Bedingungen eines Standorts individuelle Einflüsse auf die von diesem Standort stammenden Rohstoffe haben. Und so letztlich auf das Produkt.

Demnach ist ein Produkt, ausschließlich hergestellt aus den Rohstoffen eines Standorts, für sich einzigartig. Im Weinbau betrifft dies vor allem die Weinbeeren, im Whiskey das verwendete Getreide. Deshalb arbeitet die Waterford Distillery mit 72 Bauern zusammen, die ihre Gerstenernte feldweise an die Brennerei verkaufen. Alleine von neunzehn verschiedene Bodenarten stammt das Korn. Dazu kommen unterschiedliche Einflüsse durch Grundwasser, Niederschläge, Wind und Luftverhältnisse. Dies vermittelt einen Eindruck, wie divers die Ernteresultate der einzelnen Felder sein mögen.

Waterford Whisky Teireoir Terroir
Foto: Neil Saad

Single Farm Origin: Aus Terroir wird T-ÉIRE-oir

Nun brennt die Destillerie aus jedem Feld einen eigenen Whiskey. Hieraus entstand der neue Begriff des Single Farm Origin – die Einzel-Farm-Abfüllung. Insgesamt zweihundert Fässer New Make entstehen aus der jährlichen Ernte eines einzigen Hofes. Bei 72 Bauernhöfen (Stand heute, Tendenz steigend) lässt sich die Dimension ablesen, in der die Macher der Brennerei denken.

Für den Verbraucher bietet diese Art des Rohstoffeinsatzes Vorteile bei der Transparenz. Für jeden Waterford Whisky lässt sich die Herkunft und Verwendung der Rohstoffe bis in das letzte Detail nachvollziehen. Deshalb trägt jede Flasche einen Code. Auf der Webseite der Brennerei führt dieser Code zu allen Details über die Rohstoffe und den Herstellungsprozess der jeweiligen Abfüllung. Dazu gehören GPS-Koordinaten des Feldes, Sortenname der Gerste, Erntezeitpunkt, Datum der Destillation, Dauer der Fasslagerung, Fassarten, anteilige Kombination der Fässer und viele weitere Punkte. Somit lebt die Waterford Distillery das Prinzip des Terroir in seiner Gänze und legt die Herstellung ihrer Whiskeys für die Genießerwelt offen. In Anlehnung an die Eigenschreibweise von Irland – Éire – nennt die Destillerie ihr Prinzip marketingfreundlich TÉIREoir.

Der erste Waterford Whisky: The Pilgrimage 1st Cuvée

Im Februar 2020 kündigte die Waterford Distillery den Launch der ersten eigenen Abfüllung an. Dazu plante man für den 25. April 2020 ein großes Event am Destilleriestandort. Im Rahmen des Events sollten Vorbesteller ihre Flasche des ersten Releases abholen können. Zudem war eine Masterclass geplant. Die angekündigte Erstabfüllung war The Pilgrimage 1st Cuvée. Hierbei vermählte Master Distiller Ned Gahan 36 Single Farm Whiskeys zu einem Cuvée. Erwartungsgemäß verkaufte sich der limitierte Whiskey wie geschnittenes Brot. Bereits nach kurzer Zeit war das Release ausverkauft. Jedoch fiel die geplante Eröffnungsveranstaltung samt Übergabe an die Käufer der COVID-19-Krise zum Opfer. Nichtsdestotrotz bestand für Vorbesteller am 11. Juli 2020 schließlich die Möglichkeit, ihre Flasche in einer Art Drive-Thru persönlich bei der Destillerie abzuholen. Für den 5. September 2020 plant die Brennerei die Wiederholung der Einführungszeremonie im Rahmen einer kleinen Feier.

Waterford 1st Cuvée - Pilgrimage Single Malt Whisky
Foto: Waterford Distillery

Die ersten Single Farm Origin Releases

Zeitlich für nach der Veröffentlichung von The Pilgrimage 1st Cuvée, war das Release des ersten Single Farm Origin angesetzt. Doch die sich weltweit überschlagenden Ereignisse im Frühjahr 2020 verwarfen diesen Zeitplan. Dementsprechend kamen mit den Single Farm Origins Ballykilcavan 1.1, Bannow Island 1.1 und Ratheadon 1.1 die ersten Waterford Whiskys auf den Markt, bevor das Einführungsrelease erschien. Dabei war Ratheadon 1.1 ausschließlich auf dem irischen Heimatmarkt erhältlich.

Der Name des jeweiligen Single Farm Origin benennt das Townland auf dem das Feld liegt, von dem die verwendete Gerste stammt. Die darauf folgenden Ziffern geben die jeweilige Edition an. Aufgrund der großen Nachfrage erschienen bereits kurze Zeit später Bannow Island 1.2 und Ballykilcavan 1.2. Dazu gesellten sich Ballymorgan 1.1 und Sheestown 1.1. Die bisherigen Whiskeys erschienen alle mit einer Alkoholstärke von 50,0 % ABV.

Waterford Whisky Single Farm Origin Bannow Island 1.1
Foto: Neil Saad

Waterford Whisky kaufen

In Deutschland übernahm Kirsch Import aus Bremen den Deutschlandimport der Produkte aus dem Süden Irlands. Somit sind die weltweit veröffentlichten Releases auch in deutschen Geschäften und Online-Shops erhältlich. Der Preis für die bisherigen Expressionen lag bei 70,00 Euro. Wann die zuletzt erschienenen Ballymorgan 1.1 und Sheestown 1.1 in Deutschland erhältlich sind, konnte Kirsch Import auf Anfrage von Irish-Whiskey-Blog.de nicht beantworten. Der geschätzte Auslieferungstermin liegt in der Augustmitte. Zudem teilte die Waterford Distillery selbst mit, dass es derzeit Probleme mit den Verpackungsboxen gäbe. Aus diesem Grunde lieferte die Brennerei in Irland die Whiskeys bereits ohne Boxen aus. Käufer können sich diese nachträglich am Mitte August zusenden lassen.