Whiskey Bonding: Interview mit Louise McGuane von Chapel Gate Whiskey

Interview mit Louise McGuane Chapel Gate JJ Corry
Interview mit Louise McGuane von Chapel Gate Whiskey (Foto: Chapel Gate Whiskey)

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Die Grafschaft Clare an der irischen Westküste ist bekannt für die Karstlandschaft Burren, die Aran Islands sowie die weltberühmten Cliffs of Moher. Seit einigen Jahren führt die Grafschaft einen weiteren Hotspot auf ihrer Karte. Zumindest in der irischen Whiskey-Gemeinschaft ist das Örtchen Cooraclare bekannt. Dort gründete Louise McGuane 2015 auf ihrer Familienfarm in der ländlichen Idylle von Clare Chapel Gate Whiskey. Seit dem erscheinen unter der Marke J.J. Corry regelmäßig Irish Whiskeys auf dem Markt. Dabei ist Chapel Gate alles andere als eine weitere, neue Destillerie auf dem aufstrebenden Markt der Grünen Insel. Vielmehr versteht sich Louise McGuane als Whiskey Bonder. Im Interview mit Louise McGuane verrät sie Irish-Whiskey-Blog.de alles über das traditionelle Whiskey Bonding in Irland, über Chapel Gate und J. J. Corry.

Interview mit Louise McGuane

Irish-Whiskey-Blog.de: Louise, wann hast du mit Chapel Gate und J. J. Corry begonnen und welche Motivation steckte dahinter?

Louise McGuane: Ich gründete das Unternehmen in 2015 nachdem ich zwanzig Jahre für multinationale Getränke-Giganten arbeitete. Überall auf der Welt. Ich lebte in Singapore und mein Ehemann in London. Deshalb musste etwas geschehen. Ich vereinbarte mit meinem Mann, dass ich zurück nach Irland zöge – unter dem Vorbehalt, mein eigenes Unternehmen zu gründen. Zu der Zeit erkannte ich, dass Irish Whiskey begann auf der Welle des globalen Craft Whiskey-Trends zu schwimmen. Deshalb entschied ich, meinen Job aufzugeben und zog auf die Familienfarm in Irland. Dort baute ich mein Unternehmen auf. Mein ursprünglicher Plan war eine Grain-to-Glass-Distillery. Somit begann ich mit Recherchen über die lokale Whiskey-Herstellung. Dabei entdeckte ich in einem örtlichen Antiquitätenladen einige alte Labels von J.J. Corry aus den 1890er Jahren. Ich tauchte tiefer in die Hintergründe der Marke ein. Hierbei entdeckte ich, dass J.J. Corry ein bekannter Whiskey-Produzent in meiner Heimatstadt war.

Nach viel Recherche wurde mir klar, dass Whiskey Bonding einst ein wichtiger Teil der irischen Whiskey-Industrie war. Allerdings ging Bonding in den 1930er Jahren unter als die gesamte Branche zusammenbrach. Ich entschied, diese verlorene Kunst zurückzubringen. Ich empfand es als ungerecht, dass Whiskey Bonding aus der irischen Whiskey-Historie getilgt war. Da Irish Whiskey damals gerade wieder zurück kam, fühlte ich, die Zeit war richtig, um Whiskey Bonding wiederzubeleben.

The Burren, County Clare, Ireland
The Burren, County Clare (Foto: Tourism Ireland)

I-W-B.de: Damit ist J. J. Corry eine alte Marke, die jetzt zurück kehrt. Erzähl uns etwas mehr über die Geschichte des ursprünglichen J.J. Corry.

LG: J.J. Corry war ein unglaublicher Unternehmer. Er war Sohn einer Familie mit vierzehn oder fünfzehn Kindern. Die meisten wanderten in die Vereinigten Staaten aus. Jedoch entschied er, in Irland zu bleiben und das Beste daraus zu machen. Er begann damit, als Makler Land zu verkaufen. Anschließend erwarb er in den späten 1800er Jahren ein Ladengeschäft mit der Anschrift 63 Henry Street in Kilrush.

Damals war Kilrush eine lebhafte Hafenstadt. Schiffe mit Gütern aus dem gesamten Britischen Imperiums landeten im Hafen. Dadurch konnte J. J. Corry mit einer breite Palette an internationalen Gütern handeln. Güter wie Tee aus Indien, Wein aus Bordeaux, Rum aus der Karibik, Portwein et cetera. Sogar Musikinstrumente und Munition verkaufte er. Benenne eine Ware, er handelte sie. Ebenfalls erwarb er zu der Zeit Whiskey, höchstwahrscheinlich aus Galway und Limerick. Diesen blendete er für seine Kunden.

Interview mit Louise McGuane: Whiskey Bonding in Irland

I-W-B.de: Whiskey Bonding war im 19. Jahrhundert eine große Sache. Welche Bonder waren neben besagtem J. J. Corry in Irland groß im Geschäft?

LG: In jeder mittelgroßen Stadt in Irland saß ein Whiskey Bonder. Es war der übliche Weg, Whiskey zu verkaufen. Fährst du heute durch Irland, sieht man noch immer den Begriff “Whiskey Bonder” in goldenen Buchstaben über den Eingängen von Pubs stehen. Allerdings gab es größere Bonder in Dublin. Diese hatten deutlich umfangreichere Geschäftsaktivitäten in den Vereinigten Staaten und im Rest des Britischen Imperiums. Mitchell & Sons waren sehr bekannt in Dublin. Von ihnen kam ursprünglich Green Spot bevor sie die Marke an Pernod Ricard, den Hersteller von Jameson, verkauften.

I-W-B.de: In jüngerer Zeit kamen mehr Bonder wie W. D. O’Connell auf den Markt. Mit Egan’s erwachte durch die Nachfahren der Familie Egan aus Westmeath ebenfalls eine alte Marke zu neuem Leben. Dabei hat deine eigene Firma innerhalb der Irish Whiskey-Gemeinde eine herausragende Stellung eingenommen. Wird Whiskey Bonding in den nächsten Jahren eine große Nummer sein?

LG: Ich hoffe es. Wir benötigen mehr Unterkategorien. Dennoch, Bonding muss für etwas stehen. Deshalb versuchen wir, uns vom Markt zu unterscheiden. Dafür kontrollieren wir alle Prozesse zur Herstellung unserer Whiskeys. Wir erwerben leere Fässer zur Einlagerung von New Make und wählen sorgfältig die zum Fass passenden Spirituouse aus. Diese Fässer lagern wir in unserem eigenen Lagerhaus auf unserer Familienfarm. Ebenfalls dort bauten wir einen Bonder’s Blending Room.

Dies alles unterscheidet uns von unabhängigen Abfüllern. Wir umsorgen unsere Spirituosen von der Brennblase bis zur Flasche. Deshalb vertrete ich die Meinung, Whiskey Bonding bedarf einer rechtlichen Definition und eines eingetragenen Schutzes.

JJ Corry Blendingkurs Louise McGuane
Louise McGuane von Chapel Gate Whiskey beim Blending-Kurs im Sommer 2019 (Foto: Irish-Whiskeys.de)

I-W-B.de: Als Whiskey Bonder hängt Chapel Gate Whiskey von den Produkten der Destillerien ab. Eben jene Industrie erlebte in den letzten zehn Jahren ein erstaunliches Comeback. Wie bewertest du die aktuelle Situation? Welche Entwicklungen erwartest du für die nächsten fünf Jahre?

LG: Ich denke, dies sind aufregende Zeiten. Es ist eine Ehre, in einer Industrie zu arbeiten, die wiedergeboren wurde. Die Zukunft erstrahlt hell und die Auswahl an Irish Whiskey wächst. Für mich als Bonder ist das großartig. Je mehr Aromen für meine Aroma-Sammlung verfügbar sind, desto besser ist es für das Blending.

I-W-B.de: Gleichzeitig wuchs im letzten Jahrzehnt die weltweite Whiskey-Nachfrage. Erwartest du, dass dies so weiter geht? Und vor dem Hintergrund der gerade begonnenen Dekade: welche Märkte sind für die kommenden zehn Jahre entscheidend?

LG: Wir befinden uns in einem Aufwärtstrend für Whiskey. Dies geschieht alle paar Generationen. Wenn du dich zurück erinnerst, standen vor ein paar Jahren alle auf Vodka. Anschließend widmete sich nun die folgende Generation braunen Spirituosen mit Aroma und Substanz. Deshalb haben wir gute fünfzehn bis zwanzig Jahre vor uns bevor der Aufwärtstrend endet.

I-W-B.de: Chapel Gate hat sich einen Ruf für Small Batch Releases erarbeitet. Dabei erschienen insbesondere 2019 sehr viele neue Expressions. Wirst du weiterhin viele Small Batch Releases veröffentlichen oder dich letztendlich auf Standards wie The Gael oder The Battalion fokussieren?

LG: Meine Hoffnung ist es, schließlich einen Fokus auf ein Kernsortiment zu finden. Allerdings musst du als junges Unternehmen dorthin gehen, wo der Kunde ist. Ich liebe es, Bonder’s Blends für die Leute zu machen. Darin trägt sich die Tradiotn von J.J. Corry fort, der dies ebenfalls für seine Kunden tat. Wir sind ein sehr junges Unternehmen und im Vergleich zu anderen, sehr, sehr klein. Deshalb tun wir alles, um zu wachsen und um zu überleben, bis wir eine gewisse Größe erreicht haben.

JJ Corry The Chosen 27
Foto: Chapel Gate Whiskey

I-W-B.de: Im Herbst erschien The Chosen, ein 27-jähriger Luxus-Irish Whiskey der oberen Preisklasse. Handelte es sich dabei um eine einmalige Angelegenheit oder erwarten uns mehr High End-Whiskeys wie The Chosen?

LG: Wir (in Irland) besitzen einige der hochwertigsten, älteren Whiskeybestände der Welt. Diese verdienen es, genauso hochwertig präsentiert zu werden wie Scotch. Deshalb kannst du von uns und von den größeren Playern noch mehr davon erwarten. Irish Whiskey ist ins Alter gekommen und in der Industrie herrscht ein großes Selbstbewusstsein. Dort draußen gibt es Menschen, die solche Luxus-Abfüllungen suchen. Wer sind wir, sie ihnen zu verwehren?

Hinweis:

Das Interview mit Louise McGuane führte Irish-Whiskey-Blog.de per e-Mail.