Glendalough Distillery: Heimat des (künftigen) Glendalough Whiskey

Glendalough Distillery Glendalough Whiskey Head Distiller

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Zweifelsfrei ist Glendalough einer der schönsten Orte auf der Grünen Insel. Gleichzeitig ist das Tal der zwei Seen, so die Übersetzung des irischen Namens, eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten. Tagtäglich reisen Busse, Autos und Wohnmobile über die schmalen Straßen der Wicklow Mountains um die Magie der alten Klostersiedlung, umrahmt von majestätischen Felswänden zu erleben. Damit steht Glendalough in einer Reihe mit den Cliffs of Moher an der Westküste und dem Giants Causeway im Norden von Irland. Wie es in Bushmills eine Brennerei gibt, so entstehen auch in Wicklow feine Destillate wie der künftige Glendalough Whiskey und Gin.

Jedoch in deutlich kleinerem Rahmen als in Bushmills. Denn die Brennerei mit dem Heiligen Kevin im Logo bezeichnet sich selbst als Craft Distillery, also in einer Reihe stehend mit Namen wie der Killowen Distillery. Während zudem der Giants Causeway keine fünf Kilometer von der Brennerei entfernt liegt, sind es gute 20 Kilometer vom Tal der zwei Seen zur namensgleichen Destillerie. Dementsprechend führt mich mein Weg zur Brennerei zunächst aus den Wicklow Mountains hinaus, als ich dort zur Besichtigung verabredet bin.

Ortstermin unter den Augen des Heiligen Kevin

Es ist Juni 2022. Bereits seit einer Woche genieße ich das ungewöhnlich warme Sommerwetter beim Wandern in den Bergen von Wicklow. Ein Treffen in einer Brennerei ist eine willkommene Abwechslung zum Wanderalltag. Diese befindet sich in Newtown Mountkennedy. Dabei genießen Besucher des kleinen Orts das Beste zweier Welten. Mit den Bergen im Rücken und der irischen See in Rufweite gibt es touristisch viel zu entdecken. Zudem sind es über die nahe Autobahn kurze Wege zu den lebhaften Küstenstädten Wicklow und Bray und natürlich zur Hauptstadt Dublin. Nahe dem Ortskern liegt ein Gewerbegebiet. Mehrere zweckmäßige Hallengebäude beherbergen hinter Rolltoren verschiedene Betriebe. Eines davon ist die Wicklow Wolf Brewery, die am Standort auch einen Tap Room betreibt.

Hinter einem anderen dieser Rolltor erwartet mich Ciarán Rooney. Er ist der Head Distiller der Brennerei. „Ich sage es direkt, es gibt nicht besonders viel zu sehen,“ entschuldigt er sich vorweg. Wir treten in die schmale und wahrlich kleine Halle ein. Hierin steht am Hallenende ein Gin Still. Währenddessen befindet sich an die linke Wandseite das Brew Kit und die Pot Stills für die Produktion des Glendalough Whiskey. Über der Gin-Apparatur prangt in tiefem Schwarz das Logo mit dem heiligen Kevin von der in grau gestrichenen Wand. Ciarán trägt dazu passend einen grauen Hoodie mit dem selben Logo auf der Brust. „Das ist im Grunde schon alles,“ sagt er und zeigt lächelnd auf die Anlagen um sich.

Glendalough Distillery St. Kevin Logo
Der Heilige St. Kevin überwacht die Brennapparatur

Glendalough Whiskey: Start-up und Craft Distillery

Die Gin-Apparatur sah Ciarán, den alle nur Rowdy nennen, zum ersten Mal im Jahr 2013. Damals stand sie noch in ihre Einzelteile zerlegt und vom Werk verpackt auf einer Palette in eben jener Halle. „Ich war damals hier um den Jungs beim Streichen zu helfen,“ lacht Ciarán. Die ‚Jungs’ sind das Gründer-Team um Ciaráns Jugendfreund Kevin. In 2011 hatte dieser mit vier Freunden ein kleines Spirit Business gegründet. Dazu kam zwei Jahre später eine Craft Distillery zur Herstellung von Gin in Newtown Mountkennedy. Er selbst hatte sich kurz vorher nach 20 Jahren aus dem Telekommunikationsgeschäft verabschiedet.

„Meine Mutter war damals krank und starb bedauerlicherweise. Ich nahm eine Auszeit und kümmerte mich vor ihrem Tod um sie. Danach wollte ich nicht zurück in das Hamsterrad,“ blickt er nachdenklich zurück. „Während ich nicht wusste, was ich als nächstes tun sollte, hatte Kevin gerade sein Geschäft so richtig gestartet. Als die Destillerie dazu kam half ich ihm hier beim Renovieren. Wie man das als Freund so macht.“

Ciarán ‘Rowdy’ Rooney: Freund, Helfer, Head Distiller

In der Zeit darauf bemerkte Ciarán, wie sein Freund mehr und mehr zu tun bekam. „Die Jungs hatten alle noch Vollzeitjobs und standen mit ihrem Gin-Geschäft unter Stress. Ich sagte zu Ihnen: Seht, ihr habt Stress und ich hab gerade nichts zu tun. Lasst mich euch helfen.“ So begann er mit Hilfsarbeiten wie dem Etikettieren und Verpacken von Flaschen. Dabei begeisterte ihn Ethos und Moral seiner vier Freunde. „Die Jungs zeigten eine riesige Leidenschaft für ihre Destillerie. Ich dachte mir: Stell dir vor, du würdest deine Arbeit so lieben.“

Jedoch fiel ihm auf, dass der Kern der Brennerei oft zu kurz kam – die eigentliche Destillation. „Es gab so viele Dinge, um die sich gekümmert werden musste. Da wurde nur gebrannt, wenn Zeit war.“ Ciarán sah hierin eine Chance für sich: „Ich bot an, mich ausschließlich um das Destillieren des Gin zu kümmern damit sie den Rücken für alles andere frei hatten.“ Er machte eine Schulung und stellte schnell fest, dass die Destillation genau sein Ding war. „Ich liebte es!“ Für den ehemaligen Büromenschen kam diese Erkenntnis überraschend. „Bis hierher war ich nicht mal ein großartiger Gin-Trinker. Ich mochte eher Wein und Bier und gelegentlich einen Gin & Tonic oder einen Whiskey zum Pint,“ blickt Ciarán zurück.

Die Liebe zum Gin entdecken

Deshalb lernte er nicht nur durch die neue, tägliche Arbeit an der Brennblase, sondern las auch alles über Gin. „Ich verliebte mich in Gin. Der Produktionsprozess und die Möglichkeiten sind faszinierend,“ lächelt Rowdy. Zumal die Brennerei eine Craft Distillery im eigentlichen Sinne ist: „Alles muss von Hand eingestellt, bedient und kontrolliert werden. Nichts ist automatisiert.“

Nach geraumer Zeit begann er, mit den vorgegebenen Rezepturen zu experimentieren: „Geraldine, unsere Expertin für Botanicals, brachte Dinge aus den Bergen mit, von denen ich vorher noch nie gehört hatte. Das war unglaublich spannend.“ Was er dabei schuf, gefiel Kevin und seinen Freunden. Das Vertrauen in seine Arbeit wuchs und schließlich war er der Hauptverantwortliche für den Brennprozess in der Brennerei.

Ein Erfolgsrezept wurde der mittlerweile preisgekrönte Rose Gin. Dieser entstand zu Ehren von Rowdys verstorbener Mutter. Ursprünglich war dieser als private und einmalige Edition gedacht, denn Ciarán destillierte den Rose Gin anlässlich der Hochzeitsfeier seines Bruders. Dabei verwendete er Rosenblüten aus dem einstigen Garten der Mutter. Das Getränk kam derart gut an, dass daraus ein Standard wurde.

Glendalough Gin Botanical
Display mit verschiedenen Botanicals in der Brennerei

Die Zukunft: Glendalough Whiskey

Nach diesen Erfolgen kam die Zeit, neue Herausforderungen zu suchen. Bereits früh begann das Unternehmen, Whiskey in einer etablierten Groß-Brennerei einzukaufen und unter eigenem Label zu vertreiben. Die Idee, den Glendalough Whiskey selbst herzustellen, lag auf der Hand. Hierbei geriet Ciarán zur treibenden Kraft. „Ich hatte erste Erfahrungen durch die Cask Finishes gemacht, die wir hier mit zugekauftem Whiskey machten und gab auch Tastings,“ berichtet er. In den Rest arbeitete er sich ein weiteres Mal rein. Bei Planung, Installation und Einrichtung der neuen Brennapparatur für den künftigen Whiskey der Glendalough Distillery war er an vorderster Front beteiligt. „Ich hatte sehr wilde Pläne mit Säulen und speziellen Formen. Leider waren die Bosse nicht so risikofreudig,“ lacht Rowdy.

Am Ende blieb es bei einem Standard Pot Still-Design. Dabei war die größte Herausforderung der Platz: „Vieles bei der Planung ergab sich durch das begrenzte Raumangebot. Die Apparatur für den Glendalough Whiskey musste schlicht in unsere kleine Halle passen.“ Am Ende tat sie das. Zwei kupferne Pot Stills mit 250 und 200 Litern Fassungsvermögen stehen seit 2018 in der kleinen Halle in Newtown Mountkennedy. „Als dann das erste Mal Destillat durchlief, war das ein sehr stolzer Moment für mich,“ sagt Rowdy zufrieden.

Craft Distilling im wahrsten Sinne

Für die Herstellung von Glendalough Whiskey steht seit 2018 ein Set aus Mash Tun und Washbacks zum Brauen von 500 Litern Wash zur Verfügung. Ciarán erklärt den Produktionsablauf: „Wir brauen zunächst zweimal 500 Liter Maische. Damit machen wir acht Durchläufe auf der ersten Brennblase. Die dabei entstandenen Low Wines haben dann 16 bis 17 Prozent Alkoholvolumen. Anschließend destillieren wir diese in vier Durchläufen zum zweiten Mal. Der Spirit hat jetzt einen Alkoholgehalt um die 45 Prozent. Dieser wird ein drittes Mal destilliert und besitzt anschließend ein Alkoholvolumen in den hohen 70ern.“

Um ein Standard-Barrel zu befüllen, muss Ciarán diesen Prozess fünfmal wiederholen. Da weiterhin Gin das Hauptstandbein der Brennerei ist, muss er sich die Zeit für Gin und Whiskey aufteilen. „Zudem kümmere ich mich viel um das Cask Management,“ sagt er. Deshalb hat Rowdy seit 2020 Unterstützung durch seinen Helfer Sam, der sich um das tagtägliche Destillieren kümmert. „Sam hält mir den Rücken frei,“ sagt Ciarán, der einst selbst als Helfer begann über seine eigene Hilfskraft.

Glendalough Whiskey Bar
Kleine Whiskey Bar in der Brennerei

Glendalough Whiskey: Pure Pot Still Whiskey

Der künftige Glendalough Whiskey ist ausschließlich Pot Still Whiskey: „Wir verarbeiten 5 Prozent Hafer, 35 Prozent ungemälzte Gerste und 40 Prozent Malt Whiskey.“ Das soll nicht immer so bleiben. Dafür hofft Ciarán auf die Änderungen im aktuellen Technical File für die Herstellung von Irish Pot Still Whiskey. „Ich hoffe, dass wir offiziell mehr Hafer verwenden können. Der Pot Still Whiskey erhält dadurch eine stärkere Cremigkeit und eine andere Textur. Außerdem möchte ich mit Weizen und Roggen experimentieren.“

Sein Arbeitgeber gibt ihm dabei freie Hand. „Ich habe von oben keinen kommerziellen Druck. Aber natürlich kann ich nicht übertreiben, denn wir sind klein und die Produktion von einem einzigen Fass dauert lange. Auch nachdem in 2016 der kanadische Getränkekonzern Marc Anthony Brands einstieg und 2019 letztlich 100 Prozent der Destillerie übernahm. Ciarán: „Marc Anthony Brands unterstützt unser Konzept als Craft Distillery voll. Es ist großartig, wie sie dabei Qualität nach vorne stellen und mir vor Ort vertrauen.“ Dazu profitierten Gin und Glendalough Whiskey von dem großen Distributionsnetz und der Marketing-Expertise von Marc Anthony Brands.

Qualität: Rohstoffe aus lokalem Bio-Anbau

Hinter dem von Ciarán angesprochenen Qualitätskonzept steckt der Glaube an ausgesprochene Lokalität. Er erklärt: „Unser Getreide ist zu 100 Prozent biologisch angebaut und stammt zu 100 % von einer einzigen Farm. Diese liegt im Glen of Imaal, einem der Nachbartäler von Glendalough. Die Mälzerei liegt 15 Meilen von dem Feld entfernt. Das Wasser ist aus den Bergen, die Botanicals für den Gin ebenfalls. Alles ist so lokal hergestellt, wie nur eben möglich.“

Virgin Irish Oak: Gescheiterte Pioniere

Und auch bei den Fässern liegt der Schwerpunkt auf dem Besonderen. „Wir saßen damals zusammen und überlegten, warum niemand irische Eiche verwendet. Alle Pot Still Whiskeys, die wir damals kannten, waren zunächst in Bourbon-Fässern gereift. Dabei ist irische Eiche keine besondere Eiche, sondern dieselbe Eichenart wie die europäische Eiche,“ fasst Ciarán zusammen. Einen Unterschied gibt es dennoch: „Durch das wundervolle irische Wetter wächst sie langsamer als auf dem Kontinent.“ Er lacht.

Somit kam sämtlicher bislang produzierter Spirit in Virgin Irish Oak Casks. Während Rowdy und seine Kollegen dachten, sie könnten damit als Pioniere für die irische Eiche auftreten, brachten Irish Distillers in 2015 die Midleton-Serie Daer Ghaelacht heraus, die genau ihre Pionier-Idee aufgriff. „Das war ärgerlich. Immerhin wussten wir nun aber, dass unsere Idee nicht schlecht sein konnte, wenn jemand wie Midleton es auch machte,“ lacht er erneut.

Glendalough Whiskey
Den (künftigen) Whiskey im Fokus

Wann erscheint der erste Glendalough Whiskey auf dem Markt?

Eine Frage, die sich viele Menschen in der irischen Whiskey-Szene seit Jahren stellen, ist die, wann der erste eigene Glendalough Whiskey auf den Markt kommt. „Dazu darf ich nicht zu viel verraten,“ sagt Ciarán. „Wir sind aber nicht mehr weit davon entfernt, die ersten Fässer legal Irish Whiskey nennen zu dürfen.“ Geht es nach Rowdy, dürfte es bis zum Release made in Wicklow noch dauern. „Ich bin begeistert, wie sich der New Make im Fass entwickelt. Schon nach sechs Monaten waren Farbe und Geschmack großartig.“

Anlass für ihn, mit dem Release noch zu warten. „Ich denke, es wird eine harte Debatte zwischen mir und den Bossen geben,“ lacht er. „Sie sagen: Frag niemals Rowdy, wann er zufrieden mit dem Release-Zeitpunkt ist, denn er wird es nie sein.“ Eine Diskussion also zwischen den kommerziellen Interessen der Brennerei und dem Qualitätssinn ihres Head Distillers. „Sie werden ihn herausbringen, wenn ich am wenigsten mit dem Termin unzufrieden bin,“ sagte Ciarán grinsend.

Aus dem Hafen von Cork in die Welt

Aktuell lagern die Fässer zusammen mit zugekauftem Whiskeys in einem Warehouse in West Cork. Dies hat den praktischen Vorteil, dass der Export-Hafen direkt vor der Tür liegt. „Die meisten unserer Produkte gehen in den Export und werden von Cork aus verschifft.“ Künftig könnte sich das ändern. Denn die Pläne für den Neubau einer größeren Brennerei sind seit längerem in der Mache. Details kann und will Rowdy nicht preisgeben. „Sie wird aber unmittelbar in Glendalough sein,“ verrät er. „Und am Charakter der Brennerei, dem Craft-Gedanken und der Qualität, wird sich nichts verändern.“

Ich danke Ciarán ‚Rowdy‘ Rooney für die Zeit und das Gespräch.