The Connacht Distillery: Eine Tour mit Head Distiller Ryan Friesen

Connacht Distillery Head Distiller Ryan Friesen

(For an English version please go to The Connacht Distillery: A tour with Head Distiller Ryan Friesen)

Eine der Brennereien, auf die ich in den letzten Jahren am meisten gespannt war, liegt im Westen der Grünen Insel. Im Ort Ballina gründete in 2013 ein kleines Team The Connacht Distillery. Ihr Ziel: Den ersten legalen Whiskey der Region Mayo in 150 Jahren herzustellen. Dass der Weg dorthin keine schnurgerade Startbahn, sondern gemeinschaftliche Anstrengungen erfordert, erfuhren sie über die Jahre. Letztlich erschien dann im Sommer 2021 der erste, eigene Single Malt Irish Whiskey. Schließlich kam mit Ryan Friesen ein neuer Head Distiller ins Team der Connacht Distillery. Mit Myles „Milo“ Molloy gewann die junge Brennerei zudem einen neuen Finanzdirektor, der sich vor Ort um die vielfältigen operativen Belange kümmert.

Über den Letzten entstand nun im Sommer 2022 der Kontakt, der mich im Spätherbst des Jahres aus dem County Kerry an die Westküste der irischen Insel führte. Auf dem Programm stand eine Führung durch die Connacht Distillery mit Head Distiller Ryan Friesen. Jener begrüßte mich auch direkt, als ich zur vereinbarten Zeit den Empfangsraum in Ballina betrat. „Wir haben dich bereits erwartet,“ sprach er zur Eröffnung freundlich. Nach einem kurzen Small Talk tritt aus dem hinteren Bereich Milo dazu. Er schüttelt meine Hand und freut sich, dass es nach mehreren Monaten nun mit meinem Besuch klappte.

Connacht Distillery Ballina Mayo
Die Connacht Distillery in Ballina, County Mayo

Die Connacht Distillery und ihr Head Distiller Ryan Friesen

Zu dritt gehen wir in einen kleinen Barraum neben dem Empfangsbereich. Durch die große Fensterfront strömt Herbstlicht in den Raum. Zur Rechten schaut man durch weitere Fenster hinein in die Brennerei. Die Brauanlage verdeckt den Blick auf die Destillationsapparatur am hinteren Ende der Halle. Dagegen links steht eine Theke und einige Produkte der Brennerei sind dahinter aufgereiht. Das Logo der Brennerei hängt als kunstvoller Spiegel zentral an der Rückwand.

Wir gehen zu einem Ecktisch am Fenster. Es ist kurz nach ein Uhr mittags. Milo bietet mir einen Lunch aus Sandwiches an. Doch ich hatte auf dem Hinweg bereits gegessen und lehne ab. Ryan setzt sich auf einen Barhocker an die Theke, Milo nimmt bei mir am Ecktisch Platz. Die beiden essen ein wenig und wir unterhalten uns über meine jüngsten Besuche in anderen Destillerien.

Besichtigungstour in der Connacht Distillery mit Head Distiller Ryan Friesen

Nachdem sie aufgegessen haben, verlässt uns Milo und ich gehe mit Ryan in die Brennerei. War er während des Essens noch zurückhaltend, blüht er nun förmlich auf. Ryan Friesen, Head Distiller der Connacht Distillery startet seine Tour mit mir an der Brauanlage. „Unser Brau-Set fasst 3.000 Liter. Gebaut wurde es in Deutschland,“ erklärt er mir. „So viele Prozesse wie möglich laufen automatisch,“ so Ryan weiter. In einem separaten Raum hinter der Brauanlage befindet sich eine Walzenmühle. Diese verarbeitet exklusiv Ale Malt und füttert damit über eine Rohrverbindung die Lauter Tun im Hauptraum. „Wir verbrauchen 575 Kilogramm Malt pro Batch. Das macht 30.000 Kilogramm im Jahr,“ rechnet Ryan vor.

Überschüssige Getreidereste nach dem Maischen führt die Brennerei an Landwirte ab. Die Farmer nutzen diese als Viehfutter und organisches Düngemittel. Die fertige Maische selbst wird anschließend mit einer Standard-Hefe versetzt. „Unsere Fermentationsdauer beträgt durchschnittlich drei Tage. Anschließend hat die enstandene Wash einen Alkoholgehalt von ungefähr acht Prozent.“

Connacht Distillery Fermenter
Gärbehälter mit Veranschaulichung des Gärprozesses für Besuchertouren

Zweifach Destillation für Malt Whiskey

Zeit für die Destillation. Ryan Friesen und ich gehen durch die Produktionshalle und treten vor die drei kupfernen Brennblasen. Ich frage nach deren Größe. Dazu der Head Distiller der Connacht Distillery: „Wir haben 3.000 Liter, 1.700 Liter und 1.400 Liter Fassungsvermögen. Die Anlage wird mit Dampf erhitzt. Sie stammt aus Kanada und wurde nach Vorgaben von Master Distiller Robert Cassell maßgefertigt.“ Ryan geht voran die Metalltreppe hinauf. Wir stehen vor dem Wash Still, der gerade auf Hochtouren läuft. Beim Blick auf das kreisrunde Sichtfenster erblickt er etwas. Kurz darauf dreht er an drei Hebeln neben der Apparatur. „Siehst du diese dunklen Teilchen im Fenster?“ fragt er mich. Ich schau hin und erkenne, was er meint. Hinter dem Fenster steigt deutlich Schaum auf und hinterlässt auf der Scheibe winzige, schwarze Partikel. „Ich habe die Temperatur reguliert. Die Anlage lief zu heiß,“ erklärt der Fachmann. Hinter uns erscheint ein junger Mitarbeiter. Ryan setzt ihn in Kenntnis über die Absenkung der Betriebstemperatur.

Wir gehen wieder hinab und bleiben vor der Anlage stehen. Nun geht Ryan durch die Details des Destillationsprozesses: „Es sind drei Pot Stills, aber wir destillieren unsere Malt Whiskeys zweifach“, beginnt er. „Nach der ersten Destillation haben wir Low Wines mit einem Alkoholgehalt von 23 bis 25 Prozent. Zwei Durchläufe davon sammeln wir und füllen diese anschließend in den Spirit Still. Wiederum daraus entnehmen wir die Hearts als unseren Malt New Make oder für unseren Poitín.“ Das Destillat hat nun 69 % Alkoholvolumen.

Connacht Whiskey
Es schäumt! Blick in den laufenden Brennprozess beim ersten Durchlauf in der Wash Still.

Heads, Hearts, Tails und Bourbonfässer

Interessant ist der Einsatz der dritten Brennblase der Connacht Distillery. Dazu Head Distiller Ryan Friesen: „Wir machen bei den Heads und den Tails sehr weite Cuts. Dadurch enthalten diese viele gute Ethanole. Beides sammeln wir und destillieren es auf der dritten Brennblase ein weiteres Mal.“ Daneben dient die dritte Brennblase zur Gin-Destillation und zur Herstellung von Vodka.

Die fertigen Destillate füllt die Brennerei vor Ort in Fässer. Bislang kam jeder Whiskey seit 2016 zunächst in Ex-Bourbon Barrels. Insgesamt 2.000 Fässer lagert die Destillerie zur Zeit, ein Großteil davon im eigenen Warehouse. Ein anderer Teil ruht in einem externen Lager in der Nähe. Jetzt gehen wir in den hinteren Teil des Gebäudekomplexes. Hier befinden sich zwei Hallen. Eine davon ist ausschließlich Fasslager. Die andere sowohl Lager als auch Arbeitshalle. Darin stapeln sich Kartons, Paletten mit Flaschen und die eigene Abfüllanlage wartet auf ihren Einsatz.

„Wir belassen die Whiskeys natürlich nicht ausschließlich in Bourbonfässern,“ Ryan zeigt auf eine Gruppe von Sherry Butts. „Hier bereiten wir zum Beispiel gerade zehn Sherry-Fässer für Finishes vor,“ erklärt er. So erhielt auch das erste Whiskey-Release der Brennerei einen Sherry-Stempel, denn der vierjährige Single Malt Whiskey lagerte abschließend in 500 Liter-Sherryfässern. Hierbei erschien zunächst eine Collector’s Edition in hochwertiger Präsentationsbox. Diese enthielt den Single Malt Whiskey aus dem allerersten Fass, das die Destillerie in 2016 abgefüllt hatte. Kurz darauf erschien mit Single Malt Batch 1 die erste Standard-Abfüllung. „Diese wird in der Form einzigartig bleiben“, berichtet Ryan. „Der Malt Whiskey bleibt zwar, aber er wird künftig keine Batch-Bezeichnung mehr tragen.“

Connacht Distillery Warehouse Casks
Blick in das Warehouse der Brennerei

Fokus Single Malt Whiskey: Head Distiller Ryan Friesen über die Connacht Distillery

Insgesamt wird die Produktlinie künftig den Fokus auf Single Malt Irish Whiskey behalten. Ryan Friesen, der seit Anfang 2022 Head Distiller der Connacht Distillery ist, war die ersten Monate damit befasst, die laufende Produktion nach seinen Vorstellungen zu modellieren. Dabei hat er sich mit neuen Produkten oder gar anderen Whiskey-Stilen nur beiläufig befasst. „Es ist eine etwas peinliche Geschichte, aber zu Beginn meiner Zeit fragte man mich, ob wir auch Pot Still Whiskey machen. Ich bejahte das, denn ich dachte, damit sei schlicht Whiskey gemeint, der auf Pot Stills destilliert wurde.“ Er lacht laut. Tatsächlich hat er sich mittlerweile deutlich mehr Wissen angeeignet. Auch über Pot Still Whiskey: „Ich halte Pot Still Whiskey für sehr interessant. Die ganze Kategorie steht für Vielfalt und ist ein Alleinstellungsmerkmal für irischen Whiskey. Wir werden uns das beizeiten genauer anschauen“, erzählt er.

Ein US-Craft Distiller im County Mayo

Ryan Friesen kommt aus dem US-amerikanischen Craft Distilling. Ursprünglich aus dem Staat Indiana im Nordosten der Vereinigten Staaten, lernte er das Destillieren in der Journeyman Distillery im benachbarten Michigan. Von dort zog es ihn nach Kalifornien. An der sonnigen Westküste startete er als Head Distiller der Craft Distillery Blinking Owl. Gleichzeitig übernahm er den Vize-Vorsitz in der kalifornischen Artisanal Distillers Guild, einer Vereinigung der lokalen Craft Distilleries.

Seinen Erfahrungsschatz baute Ryan mit den verschiedenen Destillaten der Blinking Owl Distillery auf. Dazu zählten neben Bourbon auch Rye Whiskey. Dabei kam in den Mashbills immer wieder auch Weizen zum Einsatz. Mit unterschiedlichen Getreidearten kennt er sich also bestens aus. Ein Umstand, welcher der Connacht Distillery und ihrem Head Distiller noch zugute kommen kann, sollten sie irgendwann irischen Pot Still Whiskey produzieren. “Ich mag es, alles säuberlich vorzubereiten und dann hauptsächlich die Rohstoffe selbst ihre Arbeit machen zu lassen. Grundsätzlich verhält sich bei der Destillation jeder Whiskey gleich. Am Ende hast du eine abfüllfertige Spirituose, die aber je nach Getreide sehr anders schmeckt,” erklärt er.

Vokda. Und ein US-Craft Distiller in Japan

Neben dem Experimentieren mit Getreide und Rezepturen war die Destillation von Vodka für Ryan die größte Freude. Hierbei faszinierte ihn die anspruchsvolle Produktionsweise: “Die Destillation, zumindest auf den Stills bei Blinking Owl, war immer ein Ritt auf des Messers Schneide. Ein bisschen zu viel oder zu wenig Dampf und alles konnte dir auf die Füße fallen.”

Ganz besondere Einblicke konnte Ryan in Japan lernen. Dorthin, genauer gesagt zur Chichibu Distillery, entsandte ihn Blinking Owl zu Beginn seiner Laufzeit zu einem Praktikum. “Es waren nur acht Tage, aber diese waren eine einschneidende Erfahrung,” blickt er zurück. “Ich durfte dem Team durch den ganzen Produktionsprozess folgen. Von der Küferei über den Brennprozess bis zum Auswählen von Fässern im Warehouse. Die Samples daraus benutzte Inhaber Ichiru Akuto in einem Tasting mit mir.”

Die Gründung der Connacht Distillery

Während wir im Warehouse zwischen den Fassregalen stehen, kommt Milo wieder zu uns. Ryan zeigt ihm eine feuchte Stelle auf dem Fußboden. Leitungswasser war aus Leitungsrohren an der Decke ausgetreten. „Das haben wir repariert“, berichtet er Milo. „Wir müssen nur noch die Bescherung aufwischen.“ Milo nickt zufrieden. Wir gehen wieder durch die Arbeitshalle, durch die Produktion und zurück in den Barraum. Wieder setzen wir uns an den Tisch und Milo macht mir einen Kaffee. Ryan verlässt uns um ein paar Dinge zu erledigen. Ich stelle Milo ein paar Fragen zur Gründung der Brennerei.

Hinter dieser steht der Master Distiller Robert Cassel. Dieser hatte in 2004 bereits eine Craft Distillery in Pensylvannia gegründet und zuvor als Brauer gearbeitet. Diese praktischen Erfahrungen brachte er in das Gründer-Team ein, welches zudem aus den Cousins P. J. Stapleton und David Stapleton sowie Tom Jensen und John Romanelli bestand. Damit versammelten sich zur Gründung Jahrzehnte lange Branchen- und Facherfahrung. So war Jensen Vorstand und Geschäftsführer des Mulitmillionenkonzerns Remy Cointreau USA, Finanzexperte Romanelli Führungskraft bei großen Investmentbanken wie Bearn Stearns und Credite Suisse in Nordamerika. Während David Stapleton auf eine Karriere in Ingenieursunternehmen in Irland und dem UK und schließlich in der Recycling-Industrie blickte, war sein Cousin P.J. Vorsitzender des Pensylvania Liquor Control Board.

Connacht Distillery Logo
Das Brennerei-Logo in Spiegelform

Die ersten Jahre

Ein durchaus illustres Team, welches zudem das notwendige Kapital für die Gründung und den Bau der Destillerie aufbrachte. Hierzu verwandelten sie im Jahr 2015 in Ballina eine alte Großbäckerei in eine moderne Brennerei. Im Folgejahr lief die Produktion unter der Führung von Robert Cassel an. Erste Produkte waren der Concullin Irish Gin sowie der Straw Boys Poitín und Straw Boys Irish Vodka. In Zusammenarbeit mit dem bekannten, lokalen Radiomoderator Alan Clarke erschien 2021 ein zweiter Gin, der Kookie Irish Gin. Auch Whiskey kam auf den Markt. Dafür bezog die Brennerei fertiges Destillat von Dritten. Diese Abfüllungen unter den Marken Ballyhoo und Spade & Bushel kamen bei Genießern positiv an. Auch in Deutschland, wo die Destillerie seit Anfang an auf dem Markt vertreten ist.

Da alle Gründer weiterhin auch anderen Unternehmungen nachgingen, bedurfte es mit der Zeit einer Optimierung der Produktion um diese bestmöglich aufzustellen. So stießen in 2021 Myles und zu Anfang 2022 Ryan zum Team in Ballina. Zwischenzeitlich schied Mit-Gründer David Stapleton aus dem Unternehmen aus.

Connacht Whiskey Single Malt Batch 1
Die erste Standard-Abfüllung der Brennerei: Single Malt Batch 1

Mit Head Distiller Ryan Friesen ist die Connacht Distillery auf Kurs

So übernahmen Myles Molloy und Head Distiller Ryan Friesen das Zepter im täglichen Geschäft der Connacht Distillery. Sie führten die geplanten Optimierungen im betrieblichen Ablauf durch. Derart aufgestellt soll es in Ballina nun stetig weiter nach vorne gehen. Das Potential der Connacht Distillery scheint groß und die derzeit handelnden Akteure die richtigen Personen am richtigen Ort. Das erfolgreiche Release der ersten beiden Whiskeys im Sommer 2021 unterstreicht diese positive Weiterentwicklung. Somit heißt es auch für die Zukunft gespannt sein auf das, was künftig im Westen von Irland entsteht.